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                         Raval de l'Art

Raval de l’Art

Raval de l’Art

Zwischen Barcelona und Valencia, etwa auf der Höhe der Ebro-Mündung, liegt in einem etwas rauen Gelände das Raval de l’Art. Als Teresa-Marta Batalla und Rainer G. Schumacher sich im Jahre 2005 dort niederließen, gab es auf diesem Gelände ein Wohnhaus und einen verfallenen Schuppen.

Vor der Wende hatte der 1941 geborene Rainer G. Schumacher nach einem Studium der Malerei als frei schaffender Künstler in Jena gelebt. Nach Öffnung der Mauer gründete er den Europäischen CulturClub (ECC), in dessen Rahmen er europäische Künstlerinnen und Künstler nach Jena einlud, gemeinsam die Saaleufer-Landschaft künstlerisch zu gestalten. Die spanische Keramik-Lehrerin Teresa-Marta Batalla war unter diesen Gästen; mit ihr zog er 1993 nach Spanien, und durch sie wurde er mehr und mehr mit Techniken und Gestaltungsmöglichkeiten der Keramik vertraut. Das inspirierte ihn, von nun an seine künstlerischen Intentionen nicht mehr nur malerisch zu verwirklichen, sondern sie vor allem in keramischen Skulpturen zu gestalten, und zwar auf eine neue, ausdrucksstarke und unverwechselbare Weise. Anders als der Bildhauer bearbeitet er das Material von innen nach außen und erweitert dadurch die Bedeutungsformen, zum Beispiel indem er die Haut der Körper aufreißt und den Innenraum in die Gestaltung einbezieht. Sein vielleicht wichtigstes Ausdrucksmittel jedoch ist die Behandlung des Materials mit Engoben und Oxyden,  die sich vor dem Gasbrand differenziert auftragen lassen und sich durch die bei einer Hochtemperatur von 1260 °C mögliche Reduktion je nach Wunsch remetallisieren. 

Den Künstler Schumacher bewegt die Aufgabe, sich und der Öffentlichkeit ‚begreifbar‘ zu machen, wie Triebe, Leidenschaften, Überlebensstrategien, Instinkte, Machtinteressen von Beginn der Menschheit an zusammenwirken: einerseits entwickeln sich kulturelle Errungenschaften, die Menschen helfen, unbeschwerter, freier und damit glücklicher zu leben, zugleich aber werden diese ‚Errungenschaften‘ dazu benützt, nicht nur ein solches Leben, sondern zugleich die Natur als Bedingung dieses Lebens Schritt für Schritt zu zerstören. Herausragende Symbolfigur vor allem für die zerstörerische Seite dieser Ambivalenz ist der faustische Mensch, der zwar die Welt besser machen will, als Gott sie gemacht hat, dabei aber diese Welt und die auf ihr möglichen humanen Gesellschaftsverhältnisse skrupellos vernichtet. Eine Quelle für die Themen der von Schumacher geschaffenen Werke ist die Auseinandersetzung mit Literatur, aber auch mit geistigen Strömungen unserer Zeit. Das dokumentieren zum Beispiel die Ausstellungen „Metamorphosen“ (Ovid), „Kennst du den Faust?“ (Goethe) oder „Asimov-Objekte“.

Sein Grundthema hat Schumacher in den vergangenen zwanzig Jahren immer wieder variiert, ihm nachgespürt in der Prähistorie, im antiken Mythos, im Mittelalter wie auch in der modernen faustischen Welt. Er sieht zum Beispiel im Faustkeil ein Symbol für den Menschen schlechthin, das nicht nur für die Technik, sondern auch für die Sprache des Menschen steht, und gestaltet in einer Reihe keilartiger „Eolithen“ die schon ursprünglich erkennbare enge Verflechtung des Menschen mit seinen Werkzeugen und seiner Sprache, die er zum Segen, aber - als Gewalt und Waffe - leider auch zum Fluch für die Menschheit gebraucht.

Inzwischen wurde das zu einem großen Teil gerodete Gelände des Raval de l‘Art in einen Skulpturenpark verwandelt, der das Spektrum der Werke dieses Künstlers präsentiert und der nach und nach erweitert werden soll. Auch Keramik-Atelier und Ausstellungsraum für Teresa- Marta Batalla sind fertiggestellt und ermöglichen der - als Meisterin in Keramik ausgezeichneten - Künstlerin, ihre Arbeiten in zweckmäßigen Räumen zu schaffen und vorzustellen. Was sich unter ihren Händen formt, sind von der hochwertigen Vase bis zum kleinsten Schmuckstück Unikate. Ihr Atelier und der dazu gehörende Ausstellungsraum sind ein besonderer Anziehungspunkt für alle Besucher.

Mit diesem in den letzten Jahren aufgebauten Raval de l’Art haben sich die beiden Künstler die Möglichkeit geschaffen, in einem Umfeld zu leben und zu arbeiten, in welches sie andere Menschen einladen können, in der Auseinandersetzung mit künstlerischen Objekten das eigene Leben deutlicher zu sehen und vielleicht zu begreifen, dass schöne Form nicht nur Ornament ist, sondern auch sensibilisieren kann für das Falsche und Inhumane unserer Welt.

Als besondere Höhepunkte für solche Begegnungen haben sich bisher die Weihnachtsausstellungen im Dezember bewährt, wo nicht nur Teresa-Marta Batalla und Rainer G. Schumacher ihre Arbeiten vorstellen, sondern zu denen auch andere Künstler eingeladen werden, sich mit ihren Werken zu präsentieren. In der Zusammenführung unterschiedlicher Auffassungs- und Gestaltungsmöglichkeiten und in der Diskussion darüber mit den Künstlern kann sich vielleicht ereignen, was den Sinn aller echten Kunst ausmacht.

Darüber hinaus ist es ihr Ziel, talentierte, künstlerisch vorgebildete junge Menschen einzuladen, in intensiver gemeinsamer Arbeit, bei der - geistigen wie handwerklichen - Auseinandersetzung mit dem Material und in der öffentlichen Diskussion der Resultate des jeweiligen Symposions ihre ‚Bildung‘ zu erweitern.

Dies alles zeigt, dass Raval de l’Ar kein Kunsttempel ist, wo es Geheimnisse zu verehren und zu hüten gilt. Vielmehr ist das Künstlerehepaar Schumacher-Batalla bereit, sein künstlerisches Wissen und seine reiche praktische Erfahrung mit anderen europäischen Künstlerinnen und Künstlern zu teilen und so den Kreis zu jener Idee zu schließen, die vor rund zwanzig Jahren den Europäischen CulturClub beseelt hat.